Hennings, Justus Christian (Hrsg.)
Philosophisches Lexicon
Language
- german
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Bandeinteilung
Vorrede zur vierten Auflage.
Ich habe nicht nöthig, von dem Nutzen eines philosophischen Lexicons zu reden, da der nunmehro selige Hr. Kirchenrath Walch in der Vorrede zur ersten Auflage bereits zur Genüge dieses ausgeführet und die Einwürfe, die man zu machen pfleget, beantwortet hat. Meine Pflicht erfordert vielmehr von meinen Zusätzen etwas zu gedenken. Da dieses Buch nur zu einem Handbuche dienen soll, so war ich genöthiget, mich einer gedrungenen Kürze zu bedienen, und die Leser auf die Quellen zu verweisen, aus welchen sie eine vollständige Kenntniß schöpfen konnten. Inzwischen habe ich doch hier und da verschiedene beträchtliche Zusätze und auch ganz neue Artikel, sowohl als die neuern merkwürdigsten Schriften hinzugefügt, die ich deswegen in [ ] eingeschlossen habe, damit man sogleich ersehen könne, was von mir bey dieser neuen Ausgabe geleistet worden. Man wird mir hoffentlich keinen Vorwurf machen, daß ich die Lehren aus der Naturgeschichte hier und da nur kurz berühret und blos in so weit ausgeführet habe, in wie weit sie den Philosophen zur Speculation Gelegenheit geben können. Denn wer eine vollständige Kenntniß in diesem Felde sich zu erwerben verlangt, der muß des Hrn. D. Friedrich Heinrich Wilhelm Martini allgemeine Geschichte der Natur in alphabetischer Ordnung, wie auch diejenigen Schriften brauchen, die ich unter dem Artikel: Naturgeschichte angeführet habe. Das übrige zur Philosophie gehörige und nothwendigste wird man hoffentlich in gegenwätiger Ausgabe, so weit es die Absicht eines Reallexicons erfordert, finden. Freylich muß man nicht in einem solchen Buche von jeder Materie eine vollständige Ausführung suchen, und glauben, als ob man andere Schriften entbehren könne, vielmehr soll es den ersten Grund zur Kenntniß legen, die man alsdenn durch weiteres Nachlesen zu erweitern hat. Eben deswegen habe ich mich bemühet, die Hauptbücher und sogar oft die Seitenzahl dererjenigen Schriften zu bemerken, durch deren Gebrauch eine weitere Aussicht dem Leser eröfnet wird.
Eigentlich sollte ein philosophisches Lexikon blos die philosophischen Kunstwörter erklären, und ihre verschiedene Bedeutungen sowohl nach der Herleitung der Worte, als auch nach dem Redegebrauch entwickeln. Die Absicht des seligen Hrn. Kirchenrath Walchs aber zweckte darauf ab, von jeder Materie selbst eine kurze Ausführung zu geben, und solche Absicht ist gewiß untadelhaft, da sie sowohl Anfänger in der Philosophie als auch andere, welche die Philosophie nicht zu ihrem Hauptwerk machen, in Stand setzet, das nothwendigste von philosophischen Wahrheiten sogleich in der Kürze zu lesen.
Herr Professor Feder in Göttingen hat in dem encyklopädischen Journal, das zu Cleve heraus kommt, im 8. Stück ein gutes Ideal zu einem philosophischen Lepikon gegeben, in wiefern man sich nämlich blos die Aufsuchung derer, mit den philosophischen Wörtern verbundenen Ideen und Bedeutungen zum Ziel setzet. Ich wünsche, daß er nach seinem Plane, wenn gleich selbiger sich nur über die speculative und theoretische Philosophie erstrecken sollte, das gelehrte Publikum bald mit seiner Arbeit erfreuen wolle, zumal, da das Walchische Lexikon, wie schon gedacht worden, einen andern Zweck zum Vorwurf hat, und der Gebrauch des einen, dem Gebrauch des andern gar nicht hinderlich ist.
Daß ich oft meine Meynung benebst einer Beurtheilung anderer Gelehrten beygefügt, und sogar jezuweilen eine gegenseitige Meynung, von derjenigen, die der selige Kirchenrath Walch vorgetragen, geäußert habe, wird mir hoffentlich nicht zur Last gelegt werden, da ich verpflichtet war, nach meiner Ueberzeugung zu reden. Da ich ohnedem aller Bescheidenheit hierbey beflissen gewesen, und andere Gelehrte ebenfalls das Recht haben, meine vielleicht zu schwachen Gründe zu prüfen und zu verbessern, so hoffe ich dieserwegen von dem gelehrten Publikum keine Vorwürfe.
Um das Buch allgemeinnütziger und allen dreyen im Heiligen römischen Reich geduldeten Religionen brauchbar zu machen, habe ich diejenigen Stellen, die besonders den Römischkatholischen Glaubensgenossen in den vorigen Ausgaben in Ansehung eines und des andern Ausdrucks zu hart geschienen, geändert, und so eingerichtet, daß man nur historisch die verschiedenen Meynungen erkennet. Der Prilosoph hat ohnedem kein Recht, in solchen Dingen mit einer entscheidenden Mine zu reden.
Weil ich auch oft bey Erklärug einer Materie, zugleich das Gegentheil nach der Regel: opposita iuxta se posita magis elucescunt, mitgenommen habe, so hat der Leser zu bemerken, daß er jederzeit mit einem Artikel dessen Gegentheil lesen und aufschlagen muß, wenn er die Lehre vollständig übersehen will. So ist z. E. der Artikel: Dankbarkeit, mit dem Artikel: Undankbarkeit; die Rubrik; Kälte, mit der Rubrik: Wärme, der Artikel: Leben mit dem Artikel: Tod u. s. w. in Verbindung zu lesen, und die Schriften der einen Rubrik sind durch die Schriften der gegenseitigen zu ergänzen. Sollte eine Rubrik gar nicht anzutreffen seyn, so wird sie vielleicht unter den entgegengesetzten Namen, gefunden werden. Z. E. Toleranz ist nicht im Lexicon angeführt. Dagegen ist sowohl von der Toleranz als auch von der Intoleranz unter der Rubrik: Intoleranz gehandelt worden. Manche Artikel sind unter der lateinischen, manche unter der teutschen, manche auch wohl unter beyden Benennungen ausgeführet worden. Deswegen hat man sich es vollständigen lateinischen und teutsden Registers zu bedienen, welches bey dieser Ausgabe sich vor den vorigen auszeichnen wird. Um den Raum zu ersparen, glaubte ich berechtiget zu seyn, bey einem Geschlechte oft auch die Arten zu erklären, daher man nicht glauben muß, daß diese oder jene Art nicht abgehandelt worden, weil sie vielleicht unter keiner besondern Rubrik stehet, vielmehr wird der Leser hier abermals sich des allgemeinen Registers bedienen müssen, wenn er jede Art oder Gattung eines höhern Begriffs zu finden verlangt. Auch ist zuweilen bey einer Materie, die damit verwandte, um den Unterschied desto deutlicher einzusehen, mit abgehandelt worden, weswegen das allgemeine Register wiederum nothwendig ist. Z. E. Unter der Rubrif: Herablassung, da sie eine Art der Demuth, und von andern Arten der Demuth zu unterscheiden ist, ist zugleich der Unterschied von den übrigen Arten der Demuth beygebracht worden. Was das Register der Namen und Secten betrift, so haben um Weitläuftigkeit zu vermeiden nicht alle, sondern nur diejenigen Schriftsteller bemerket werden können, von welchen ganze Stellen angeführet worden.
In Ansehung derjenigen Artikel, die zugleich in die Theologie einschlagen, ist die Anführung der neuern Schriften deswegen vergleichungsweise vermindert worden, weil ich theils den mir verwilligten Plaß zu denenjenigen Artikeln anwenden wollte, die der Philosophie näher verwandt sind; theils weil man die theologisden Schriften nicht in einem philosophischen Lexikon zu finden, verlangen kann. Daher wird man mich nach der Billigkeit nicht tadeln können, wenn ich z. E. unter der Rubrik: christliche Religion nur einige wenige Schriftsteller angeführet habe, die ich für die gemeinnützigsten hielte. Ich will aber deswegen andern Verfassern, die ich unbenennt gelassen habe, nicht den Werth ihrer Schriften entziehen, oder dadurch zu erkennen geben, als ob sie von geringerem Gehalte waren.
Aus dem ehemaligen Anhang, worinnen das Leben einiger Philosophen und die philosophischen Secten beschrieben waren, sind nur die Secten und diejenigen Rubriken nach der alphabetischen Ordnung in unser Lexicon eingerückt worden, die kein Individuum oder einzelne Person genau bestimmen. Dagegen ist die philosophische Geschichte in systematischer Ordnung tabellarisch nach den Grundsätzen des Jacob Bruckers in seiner historia critica philosophiae als ein Anhang bey dieser vierten Ausgabe hinzugekommen. Wer nun die Lebensbeschreibung eines jeden Philosophen, der in diesen Tabellen berühret worden, weitläuftig zu lesen und folglich diesen Entwurf vollständig auszuführen gedenket, der mag die Namen der Philosophen in dem vollständigen Jöcherischen Gelehrtenlexicon nachschlagen. Auch werden Anfänger des Hrn. D. und Oberconsistorial-Rath Büschings Grundriß einer Geschichte der Philosophie in 2 Theilen 1774.8. mit vielem Nutzen bey den Tabellen brauchen können.
Einige wenige Artikel z. E. Caffee, Chokolate u. s. w. find bey der jetzigen Ausgabe zwar in den Rubriken geblieben, wegen der Ausführung aber hat man geglaubt, den Leser auf Zinks ökonomnisches Lexikon verweisen zu dürfen, wohin sie eigentlich gehören.
Auf solche Art hat man mehrern Raum erhalten, diejenigen Artikel vollständiger zu liefern, die man in einem philosophischen Lexicon erwartet.
Wegen einiger eingeschlichenen Druckfehler, die bey so klarem Druck unvermeidlich sind, wird mich der Leser entschuldiget halten, da ich wegen des auswärtigen Drucks keine Correktur besorgen können. Sie sind am Ende mit bemerkt worden.
Jena,
in Monath April
1775.
Justus Christian Hennings.
Bd. 1 (1775).